2. September 2014

Wie man Studien relativieren kann (aka Quellenstudie)

Ich mag es Dingen auf den Grund zu gehen. Ich bin einer der Typen, der nicht fragt "wie" etwas ist, sondern "warum". Der Fakt warum die Sonne aufgeht ist mir klar, aber warum tut sie das? Okay. Diese Frage kann einen kleinen philosophischen Hintergrund haben, aber ich denke ihr wisst worauf ich hinaus will.

Um das "warum" zu verstehen muss man sich öfter mal durch langweilige Bücher wälzen. Jeder weiß das Mord verboten ist. Aber welcher Nicht-Anwalt hat sich durch den BGB gelesen um heraus zu finden wo der feine Unterschied zwischen Mord, Totschlag und Selbstverteidigung ist? Ich muss gestehen: Ich habe das ganze BGB gelesen. Aus Langweile. Ich habe mir auch das ausführliche Regelwerk von Magic: The Gathering angetan, was etwa den gleichen - staubtrockenen - Schreibstil hat. (Aber manchmal sinnvoller erscheint)

Was soll diese Einleitung?

Aus der selben Langeweile stieß ich doch glatt auf folgenden Spiegel-Artikel: Diät: Low-Carb besser als Low-Fat - *Because of Reasons* habe ich mir den Artikel mal angetan. In diesem geht es um den ewigen Vergleich ob man besser an Fett oder an Kohlenhydrate sparen sollte. Wie die allgemeine Tendenz der Menschheit (uuuhh.... Plaittüde) geht auch diese Forschung gegen die Kohlenhydrate.

Was stört mich an dieser Studie?

1. Keine Kontrollgruppe
Es existieren in dieser Studie nur zwei Gruppen: Low Carb und Low Fat. Es gibt keine Kontroll-Gruppe, die sich im Grunde so ernähren kann wie sie möchte bzw unter den gleichen Lernmöglichkeiten (Beispielsweise gab es laut dem Artikel eine Art Ernährungsberatung) gestellt wird. Damit ist unklar ob der Abnehmeffekt "nur" durch Achtsamkeit entstand

2. 20% der Teilnehmer haben abgebrochen
Wenn man sich die Quelle anguckt (http://annals.org/article.aspx?articleid=1900694, siehe Sidebar bei Spiegel Online) haben etwa 20% der Teilnehmer das Experiment abgebrochen. Diese werden in der Ergebnis-Wertung nicht mit in Betracht gezogen. (zu mindest nicht in dem Teil, den man kostenlos einsehen kann) Die Gründe sind auch nicht ersichtlich.

3. Kein Zählen von Kalorien
In keiner der Gruppen wurden Kalorien gezählt bzw. es gab keine Höchstgrenze. Trotzdem war die Höchstgrenze bei beiden Gruppen im Durchschnitt bei 1400kcal. Das ist nicht viel. Leider kann ich keine Details nachgucken, da die _erwähnung_ von Kcal in der Zusammenfassung nicht stattfindet. Es könnte als sein, dass bei der "Verlierer"-Gruppe schlicht mehr gegessen wurde.

4. Kleine Gruppe und zu kurz
Die Gruppen waren meines Erachtens zu klein um eine allgemeine These daraus zu entwickeln und ein Zeitraum von einem Jahr kann nicht wirklich zeigen wie gesund die Ernährung wirklich ist.

Dies sind jetzt Fakten, welche als allgemeine Fehlerhaftigkeit vieler Studien angesehen werden können. Macht euch mal den Spass und guckt euch die Quellen der Studien an, falls das sowas steht und vergleicht das mal mit den Punkten.

Was mich dann aber wirklich aufregt ist was ganz anderes: Spiegel online. Dort steht einfach "Low-Carb macht aggressiv". Interessant. Was genau hat das mit der Studie zu tun? Gar nichts. Das steht da nämlich nicht drin! Stattdessen wird auf ein Interview verwiesen, der wiederum (wenn man es wirklich darauf anlegt) auf ein Fachartikel verweist. Bekanntlicherweise sind Fachartikel generell besser als Studie - NICHT! In diesem Fachartikel geht es nicht mal direkt über LowCarb, sondern über Obesity (Übergewicht) Es ist "nur" eine Zusammenfassung einiger (per Computer gerechneter) Auswertungen anderer Studien. Eine so genannte Meta-Studie.

Das einzig gute: Es bemängelt den Zeitraum und das Unwissen für die Langzeitfolgen von LowCarb. Das ist okay.

Aber zurück zum Spiegel bzw zum Zitat vom Professor: Wo genau finde ich die Studie mit der untersuchten These/der Beobachtung zum Thema "LowCarb macht aggressiv"? Sie befindet sich nicht bei dem Artikel und auch nicht bei dem verlinkten Artikel; soweit ich das gesehen habe. Das ist Journalistisch vom Spiegel nicht sauber und von Interviewpartner eine Behauptung.

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